Forschendes Lernen: Wenn Kinder selbst zu Entdeckern werden
Den Entdecker im Kind wecken
Kinder sind von Natur aus neugierig. Sie wollen verstehen, wie die Welt funktioniert, stellen unzählige Fragen und probieren Dinge aus. Genau hier setzt das Konzept des forschenden Lernens an. Es rückt die Eigenaktivität der Kinder in den Mittelpunkt und fördert ihre Fähigkeit, selbst Antworten zu finden.
Im Unterschied zu klassischen Lernformen sind Kinder dabei nicht Zuhörer*innen, sondern aktive Entdecker*innen. Sie experimentieren, stellen Hypothesen auf und entwickeln gemeinsam mit anderen Lösungen.
Was steckt hinter dem Konzept?
Die Idee des forschenden Lernens hat ihre Wurzeln in der Reformpädagogik. Pädagog*innen wie Maria Montessori oder John Dewey betonten schon früh, dass Kinder am besten durch eigenes Tun lernen. Der Satz „learning by doing“ bringt diesen Ansatz bis heute gut auf den Punkt.
Beim forschenden Lernen stehen die Fragen und Interessen der Kinder im Mittelpunkt. Sie beobachten, probieren aus, suchen nach Erklärungen und tauschen sich darüber aus. Dieser Prozess ist nicht starr vorgegeben, sondern offen und individuell. Jedes Kind kann eigene Wege gehen.
Die Ziele sind klar:
〉〉〉 Selbstständigkeit fördern: Kinder lernen, eigene Entscheidungen zu treffen.
〉〉〉 Reflexion anregen: Sie denken über ihre Beobachtungen nach und vergleichen unterschiedliche Sichtweisen.
〉〉〉 Partizipation ermöglichen: Kinder gestalten Lernprozesse aktiv mit.
So wird aus Lernen ein lebendiger Prozess, der nicht von außen gesteuert, sondern von den Kindern selbst getragen wird.
Pädagogische Hintergründe des forschenden Lernens
Das Konzept des forschenden Lernens hat seine Wurzeln in verschiedenen pädagogischen Strömungen. Schon John Dewey (1859–1952), ein bedeutender Reformpädagoge, betonte, dass Kinder durch eigenes Handeln und Reflektieren am besten lernen. Er sprach von „learning by doing“. Ein Gedanke, der bis heute prägend ist.
Auch Maria Montessori sah die Selbsttätigkeit der Kinder als Schlüssel zum Lernen. Ihr Grundsatz „Hilf mir, es selbst zu tun“ beschreibt genau den Kern des forschenden Lernens: Kinder sollen nicht passiv Wissen aufnehmen, sondern aktiv eigene Erfahrungen machen.
In der neueren Pädagogik wird das Konzept oft mit konstruktivistischen Lerntheorien verbunden. Diese gehen davon aus, dass Wissen nicht einfach „übertragen“ wird, sondern dass jedes Kind sich seine Welt selbst aneignet: Durch Ausprobieren, Vergleichen, Diskutieren und Reflektieren.
Für die Praxis in Kitas bedeutet das:
- Kinderfragen sind Ausgangspunkt für Projekte.
- Erzieher*innen begleiten, strukturieren aber nicht von oben herab.
- Lernen ist ein Prozess, der sozial (im Austausch), praktisch (im Handeln) und reflexiv (im Nachdenken) stattfindet.
So wird deutlich: Forschendes Lernen ist nicht nur eine Methode, sondern ein pädagogisches Grundprinzip, das sich auf viele Traditionen und wissenschaftliche Ansätze stützt.




Vom Konsumieren zum Entdecken
In klassischen Lernformen nehmen Kinder häufig eine eher passive Rolle ein. Sie hören zu, folgen Anleitungen und wiederholen Vorgegebenes. Forschendes Lernen geht einen anderen Weg: Kinder werden von Wissenskonsument*innen zu aktiven Entdecker*innen.
Wenn Kinder eigene Fragen stellen, entwickeln sie automatisch Neugier und Motivation. Sie wollen Antworten finden, Hypothesen überprüfen und ihre Erfahrungen mit anderen teilen. Dabei entstehen wichtige Kompetenzen:
- Problemlösefähigkeit – Kinder lernen, eigene Lösungswege auszuprobieren.
- Selbstvertrauen – sie erleben, dass ihre Ideen zählen und weiterführen.
- Teamfähigkeit – gemeinsames Forschen fördert Austausch und Zusammenarbeit.
- Sprachliche Entwicklung – Fragen stellen, Ergebnisse beschreiben und diskutieren stärkt Ausdrucksfähigkeit.
Praxisbeispiel:
Ein Kind fragt: „Warum schwimmen Schiffe eigentlich, obwohl sie so schwer sind?“
Daraus kann im Kita-Alltag ein kleines Forschungsprojekt entstehen: Kinder legen Steine und Holzstücke ins Wasser, falten Papierboote, beobachten, vergleichen und dokumentieren ihre Ergebnisse. So wird ein einfaches Alltagsphänomen zum Ausgangspunkt für entdeckendes Lernen.
Die Webseite aus Österreich bietet praxisnahe Materialien und Konzepte für forschendes und entdeckendes Lernen – von der Elementarpädagogik bis zur Oberstufe. science2school unterstützt Lehrkräfte dabei, naturwissenschaftliche Bildung kreativ, nachhaltig und kompetenzorientiert zu gestalten.
https://www.stiftung-kinder-forschen.de/
Eine weitere Quelle für frühkindliche MINT-Bildung stellt die Stiftung Kinder forschen zum Download bereit. Sie unterstützt Kitas, Horte und Grundschulen dabei, entdeckendes und forschendes Lernen zu fördern und stellt Erzieher*innen, Hortleitungen und Pädagog*innen Materialien und Anregungen zur Verfügung – für eine neugierige und selbstbestimmte Auseinandersetzung der Kinder mit ihrer Umwelt.
Begleiten statt Vorgeben – die Rolle von Erzieher*innen
Forschendes Lernen lebt von einer besonderen Haltung der pädagogischen Fachkräfte. Erzieher*innen sind dabei nicht in erster Linie Wissensvermittler, sondern Begleiter*innen. Ihre Aufgabe ist es, den Kindern Räume zu öffnen, Materialien bereitzustellen und ihre Fragen ernst zu nehmen.
Das bedeutet auch: nicht sofort Antworten liefern, sondern Kinder ermutigen, selbst nachzudenken und auszuprobieren. Ein einfaches „Was meinst du?“ kann oft mehr bewirken als eine schnelle Erklärung.
Diese Haltung erfordert Geduld und Vertrauen. Kinder dürfen Umwege gehen, Fehler machen und eigene Lösungen entwickeln. Gerade darin steckt der Wert des forschenden Lernens: Kinder erfahren, dass sie selbst wirksam sind.
Auch für Fachkräfte selbst ist dieser Ansatz bereichernd. Forschendes Lernen bedeutet, gemeinsam mit den Kindern neugierig zu bleiben, Beobachtungen zu reflektieren und das eigene pädagogische Handeln immer wieder zu hinterfragen. So entsteht eine Lernkultur, die alle Beteiligten stärkt.
Forschendes Lernen als Teil der Bildungspläne
Forschendes und entdeckendes Lernen ist nicht nur ein pädagogischer Trend, sondern in vielen Bildungsplänen der Bundesländer ausdrücklich verankert. Dort wird betont, dass Kinder nicht nur Wissen aufnehmen, sondern aktiv Fragen stellen, Lösungen suchen und ihre Umwelt erforschen sollen.
Für angehende Erzieher*innen bedeutet das: Mit forschendem Lernen erfüllen Sie nicht nur einen pädagogischen Anspruch, sondern setzen auch zentrale Bildungsziele um, die bundesweit anerkannt sind. Das macht den Ansatz zu einem wichtigen Bestandteil Ihrer Ausbildung und späteren Praxis.
Dokumentation als Teil des forschenden Lernens
Forschendes Lernen endet nicht mit einer Antwort – entscheidend ist auch die Dokumentation des Prozesses. Wenn Kinder ihre Fragen, Hypothesen und Ergebnisse festhalten, wird das Lernen sichtbar.
Das kann auf viele Arten geschehen:
- Plakate: Kinderfragen sammeln und ergänzen.
- Fotos: Zwischenschritte und Ergebnisse festhalten.
- Forschungshefte oder Portfolios: Jedes Kind dokumentiert eigene Entdeckungen.
- Präsentationen: Ergebnisse im Stuhlkreis vorstellen oder mit Eltern teilen.
Dokumentation hat mehrere Vorteile: Kinder lernen, über ihr Tun zu reflektieren, sie erkennen eigene Fortschritte und fühlen sich ernst genommen. Gleichzeitig erleichtert es Fachkräften, Lernprozesse nachvollziehbar zu machen und Eltern einzubeziehen.
Fazit – Warum forschendes Lernen Kinder voranbringt
Forschendes Lernen eröffnet Kindern die Möglichkeit, ihre Neugier auszuleben, eigene Fragen zu stellen und Antworten aktiv zu suchen. Sie werden nicht nur zu Wissensempfängern, sondern zu Gestaltern ihrer Lernprozesse. Dabei entwickeln sie wichtige Kompetenzen wie Selbstständigkeit, Reflexionsfähigkeit und Teamarbeit.
Für Erzieher*innen bedeutet dieser Ansatz, eine begleitende Haltung einzunehmen. So entsteht eine Lernumgebung, in der Kinder ernst genommen werden und ihre Erfahrungen selbstbestimmt erweitern können.
Bei Campus Berlin ist forschendes Lernen auch Teil der Erzieher*innen-Ausbildung. Im Wahlpflichtfach können angehende Erzieherinnen das Konzept praktisch erproben, eigene Projekte entwickeln und so die Haltung des forschenden Lernens von Anfang an in ihre pädagogische Arbeit einbinden.


